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Innenraum Sankt Servatius

Sankt Servatius

Blick in die Schatzkammer Sankt Servatius Siegburg

Mit dem Bau der Kirche, die wir heute besuchen können, wurde im Jahre 1169 begonnen. Sie wurde an der Stelle einer älteren, gleichnamigen Vorgängerkirche errichtet, von deren Existenz wir durch archäologische Funde wissen. Auch die im Jahre 1073 abgefasste Vita Annonis, die Lebensbeschreibung des hl. Anno, berichtet von ihr. Eine bildliche Vorstellung dieser Vorgängerkirche ist nicht überliefert. Der heute existierende Bau wurde mit dem Turm im Jahre 1220 fertiggestellt und nur durch minimale Baumaßnahmen über die Jahrhunderte hindurch ergänzt.

Die Bauteile der in der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert errichteten, romanischen Emporenbasilika wurden nach der letzten Kirchensanierung und den dabei aufgefundenen Farbspuren mit dem typischen „romanischen Rot“ gefasst und hervorgehoben.

Die roten Architekturfassungen enden auf der Emporenhöhe und zeigen damit an, dass diese romanische Basilika wesentlich niedriger als die heutige Kirche war. Sie trug eine Flachdecke, die in etwa dort abschloss, wo heute die im 19. Jahrhundert vermutlich aus statischen Gründen zugemauerten, großen Fensteröffnungen ansetzten. Sie hatte nicht allzu lange Bestand; denn bald – Siegburg war im 13. Jahrhundert eine reiche Stadt – fing man an, umzubauen. Man wollte eine moderne Kirche haben und sie dem Geschmack der Zeit anpassen. 

b 1265/70 legte man den romanischen Chor nieder und begann einen Neubau in gotischer Formensprache. Wie vom Kölner Dom bekannt, wurde sicherlich auch hier eine Wand zum Kirchenschiff errichtet. So konnte man im Schiff weiter Messen feiern und auf der anderen Seite den Neubau hochziehen. Vermutlich plante man nach und nach auch das Kirchenschiff niederzulegen und in neuer Formensprache aufzubauen, doch waren dann die finanziellen Mittel erschöpft und man stellte nach der Herstellung einer baulichen Anbindung des Chors zum niedrigeren Hauptschiff erst einmal für gut 200 Jahre die Bauarbeiten ein. Wie ein „U“ muss man sich die Ansicht der Kirche von damals vorstellen: hoher Chor – niedriges Schiff – hoher Kirchturm.

Bei der Sanierung Säulen wurde natürlich auch der Chor auf Farbspuren untersucht. Man fand ein Ocker, aber auch zartes Grau und entschied sich im Chor für den hellen Ockerton.

Kaum waren zweihundert Jahre vergangen, begann man im Jahre 1502, das exakte Datum ist schriftlich überliefert, in der Gemeinde Gelder zum Weiterbau zu sammeln. Schnell müssen die notwendigen Summen zusammen gewesen sein, denn bereits ein Jahr später wurde unter dem Kölner Dombaumeister Johann Boicholtz Decken- und Dachkonstruktion aus der Romanik abgerissen.

Deckengewölbe

Ohne Statik und Bauplan, nur „nach Gefühl“ wurde auf dem bestehenden Mauerkranz nach oben hoch gemauert, die großen, dann im 19. Jahrhundert wieder verkleinerten Fensteröffnung wurden ausgespart, der Mauerkranz oben geschlossen, in hochgotischer Formensprache als Sterngewölbe überwölbt und der neue Dachstuhl darüber aufgeschlagen. Das südliche Seitenschiff wurde zudem komplett abgerissen und um eine Mauerstärke breiter wieder aufgebaut. Am Nordschiff wurde nur die Empore samt Dach niedergelegt, gotisch wieder aufgebaut und ebenso wie die gegenüberliegende Empore mit einem Kreuzgratgewölbe geschlossen.Das romanische Erdgeschoss blieb stehen. 

Und auf einmal sah unsere Servatiuskirche so aus, wie sie heute noch aussieht.

Natürlich wurde auch für diesen Bauteil nach historischen Farbresten gesucht, die, genau wie im Chor, mit Ocker und einem zarten Grau gefunden wurden. Hier wurde nun die andere überlieferte Farbe gewählt, wodurch eine zurückhaltende Raumgliederung zwischen Chor und Schiff gelang. Wir als Besucherinnen und Besucher können dadurch die Baugeschichte der Servatiuskirche anhand der Farbgestaltung nach historischen Befunden leicht nachvollziehen.